- Lange hinkten die Finanzämter beim Thema Kryptowährungen hinterher. Bei etwaigen Nachfragen zur korrekten Erfassung von Kryptoeinnahmen blickte man nicht selten in fragende Gesichter.
- Doch das soll sich ändern. Die Finanzämter beschäftigen sich intensiv mit der "neuen" Technologie, um etwaige Steuerhinterziehung aufzudecken.
- Allen voran die Finanzverwaltung NRW. So stellte diese jetzt ein Sammelauskunftsersuchen an eine große deutsche Krypto-Börse.
- Worauf müssen sich Krypto-Investoren jetzt gefasst machen?
Finanzämter rüsten sich gegen Krypto-Steuersünder
Anleger sollten sich nicht in falscher Sicherheit wiegen, wenn sie mit Kryptowährungen handeln und gegebenenfalls Gewinne erzielen. Die Transaktionen finden zwar anonymisiert auf der Blockchain statt, das heißt jedoch noch lange nicht, dass man seine Gewinne deshalb vor dem Finanzamt verstecken kann.
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Jahresgewinne müssen ab 600 Euro regulär mit dem Einkommenssteuersatz versteuert werden. Einzige Ausnahme: Die Coins wurden länger als ein Jahr gehalten. Ist das der Fall, sind etwaige Gewinne aus einem Verkauf der Coins steuerfrei.
Alle Transaktionen werden auf der Blockchain gespeichert, lediglich der zugehörige Name des jeweiligen Anlegers nicht. Gelingt es jedoch eine Wallet-Adresse einem Namen zuzuordnen, so ist es ein leichtes alle Geldbewegungen und Transaktionen dieser Wallet und mit ihr in Verbindung stehender Wallets nachzuvollziehen, auch wenn die Aktionen bereits Jahre zurückliegen.
Wie Ingo Heuel, Strafrechtler bei der Kanzlei LHP erklärt, bauen die Finanzämter derzeit bereits Datenbank auf, "um die Inhaber der Coins zu identifizieren."
Die erste Anlaufstelle der Finanzämter sind zentrale Börsen. Diese sind seit geraumer Zeit dazu verpflichtet, ein Know Your Customer-Verfahren (KYC) durchzuführen. Damit haben die Börsen Adressen und Namen all ihrer Kunden und können diese jeweiligen Blockchain-Adressen zuordnen.
Genau dies macht sich die Finanzverwaltung NRW jetzt zunutze und stellte ein Sammelauskunftsersuchen an eine große deutsche Kryptobörse.
Welche Anleger sind betroffen?
Wie verschiedene anonyme Quellen, die mit der Sache betraut sind, berichten, richtet sich das Sammelauskunftsersuchen an die Kryptobörse Bitcoin.de.
Gegenstand der Untersuchung sind Daten von Nutzern, die zwischen 2015 und 2017 mehr als 50.000 Euro über die Börse umgesetzt haben. Rund 4.000 Accounts fielen in dieses Raster.
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Bitcoin.de ist eine der größten Kryptobörsen in Deutschland und war zu dieser Zeit die mit Abstand wichtigste Handelsplattform für deutsche Anleger.
Ziel der Finanzverwaltung ist es, etwaige Steuerhinterziehung in diesem Zeitraum aufzudecken. Der Zeitraum zwischen 2015 und 2017 erfasst den Anstieg Bitcoins im vorletzten Bullrun, bei dem BTC von 183 US-Dollar auf über 19.000 US-Dollar anstieg. So ist es durchaus denkbar, dass Gewinne erzielt wurden, die es eventuell nicht in die Steuererklärung geschafft haben.
Auch wenn die Daten durch die Finanzverwaltung NRW erhoben werden, können sich Anleger aus anderen Bundesländern nicht in Sicherheit wägen. Die Daten werden derzeit an sämtliche Finanzämter in Deutschland verteilt, um Steuersünder zu enttarnen.
Die Finanzverwaltung vermutet hinterzogene Steuern im zweistelligen Millionenbereich.
Was droht, wenn Gewinne nicht richtig erklärt wurden?
Das Steuer-Strafrecht gilt für Krypto, genau wie für alle anderen Investitionen und Einnahmequellen.
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Ersttätern droht eine Geldstrafe. Wer schon vorher einmal wegen Steuerhinterziehung belangt wurde oder mehr als 50.000 Euro Steuern inklusive Zinsen und Strafzuschlägen hinterzogen hat, dem droht eine Gefängnisstrafe.
Vor allem bei Ersttätern räumt das Finanzamt jedoch oft die Möglichkeit einer strafbefreienden Selbstanzeige ein. Torsten Franke-Roericht, Anwalt für Steuerrecht, rät: "Diese Chance sollten Steuerpflichtige nutzen." Andernfalls könnte es zu einer Steuereinschätzung kommen, welche zu hoch angesetzt wird.
Der Anleger ist in diesem Fall angewiesen, dem jeweiligen Finanzamt alle Kryptoerträge nachzuerklären, was einer Selbstanzeige gleich kommt.
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Wichtig ist die Vollständigkeit der Anzeige. Dafür müssen sämtliche Steuerstraftaten einer Steuerart - hier Einkommensteuer - für mindestens die letzten zehn Kalenderjahre nacherklärt werden. Dazu gehören neben Transaktionen auf Bitcoin.de dann natürlich auch sämtliche Aktionen auf anderen Börsen oder Wallets.
Auch bisher nicht erklärte Einnahmen aus Selbstständigkeit, Vermietung oder Kapitalanlagen sollten spätestens dann ebenfalls angegeben werden.
Nach erfolgreicher Nacherklärung hat der Anleger die Steuerschuld inklusive Zinsen und etwaiger Strafzuschläge fristgerecht zu begleichen. Kann der Steuerpflichtige die Schuld nicht sofort bezahlen, muss er dies offenlegen und einen Aufschub beantragen.
Wer weniger Glück hat, bekommt nicht erst Post seines Finanzamtes, sondern direkt von der Bußgeldstelle. Ist das der Fall, wurde bereits ein Strafverfahren wegen Steuerhinterziehung eingereicht. Eine strafbefreiende Selbstanzeige ist dann nicht mehr möglich.
Betroffenen hilft dann nur noch, einen Steueranwalt zu beauftragen, der Akteneinsicht beantragt und so herausfinden kann, was die Steuerfahnder bereits wissen. Danach können sie schweigen oder kooperieren, wobei Steuerstrafrechtler Ingo Heuel klar zu letzterem rät:
In fast allen Fällen zahlt sich die Mitwirkung gegenüber den Behörden sehr deutlich mildernd aus. Eine drohende Gefängnisstrafe lässt sich so mitunter noch in eine Geldstrafe umwandeln.
Fazit zu den Entwicklungen bei den Finanzbehörden
Selbst wer bisher nicht aufgeflogen ist, sollte sich tunlichst daran machen, nichterklärte Einkünfte nachzureichen. Die Finanzbehörden werden immer findiger und erhöhen ihre Bemühungen im Krypto-Space derzeit massiv. Bei der Erfassung bisheriger Gewinne können Steuertools wie Cointracking, Accointing oder Blockpit helfen.
Fluch und Segen der Blockchain zugleich ist, dass sie nicht vergisst. Wenn eine Transaktion im Netzwerk hinterlegt wurde, ist sie dort bis in alle Zukunft nachzuvollziehen.
Auf eine Verjährung zu hoffen ist ebenfalls wenig ratsam, so werden Steuervergehen bis zu 10 Jahre in die Vergangenheit geahndet. Mit ihrem Sammelauskunftsersuchen gegen Bitcoin.de gibt die Finanzverwaltung NRW Kryptoanlegern einen deutlichen Reminder, ihre Transaktionen, sowie mögliche Gewinne im Krypto-Space gut im Blick zu behalten.
Bitcoin.de wird sicher nicht die letzte Börse sein, welche genauer unter die Lupe genommen wird.
Zudem wird die steuerliche Erfassung von Kryptogewinnen zunehmend automatisiert ablaufen, sodass künftig auch kleinere Vergehen geahndet werden dürften.
Author: Margaret Sanders
Last Updated: 1698488762
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